Textvertonung
 

"Das Verfassen und Vertonen von Liedtexten bildet einen wesentlichen Schwerpunkt meiner kompositorischen Aktivitäten. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit Schauspielern und Sängern enstanden Liederzyklen nach Gedichten von Erich Kästner, Mascha Kaleko, Eva Strittmatter und Renate Wüstenberg, sowie Texte für Kabarett- und Theaterprogramme (u.a. für das Kabarett "Bügelbrett", Gabi Sutter und das Kinder- und Jugendtheater "Schattenspringer")."

 

Textproben

Singular Text und Musik: Dieter Zeretzke

Ich will, ich bin, ich habe,
Was ich auch tu’ und welches Verb ich auch konjugier’,
ich bleib zumeist beim Singulare
und in meinem Wortschatz fehlt mir das „du“ und es fehlt mir das „wir“.

Ich will, ich bin, ich habe,
das ist die Sprache, die heutzutage jeder versteht.
Überall bemerkt man eine sonderbare
individualistische, singularistische Mentalität.

Der aufgeklärte Mensch lebt heut’ solistisch,
und seine Bekanntschaften pflegt er in Unverbindlichkeit.
Man gibt sich selbständig, erfolgreich, optimistisch.
So pflegt man sein Image, man sieht sich ja eh’ nur für kurze Zeit.
So richtig glücklich ist man zwar dabei mitnichten,
denn Alleinsein macht einsam und das ist keiner gern.
Doch man muß sich schließlich nach dem Zeitgeist richten:
Nähe ist uncool, Ehe ist out und Alleinsein modern!

Ich will, ich bin, ich habe …

Meine Frau hat mich unlängst erst verlassen.
Gestern noch liebte sie mich, heute liebt sie ‘nen anderen Mann.
Aus heiterem Himmel erzählt sie, wir würden nicht zusammenpassen.
Er sei der Mann, mit dem sie sich besser verwirklichen kann.
Kinder bekommt man längst nicht mehr aus Liebe,
sondern weil’s der eigenen Lebensplanung entspricht.
Und ist man der Meinung, Kinder stör’n die Selbstentfaltungstriebe -
dann sagt man „nein“ und lässt es sein und kriegt sie nicht.

Ich will, ich bin, ich habe …

Früher hielt man sich noch an den Glauben,
später dann an eine Ideologie.
Doch seitdem bei uns das Geld die Religion ersetzt,
strickt jeder an seiner eigenen Lebensphilosophie.
Zwar ist man erlöst von fadenscheinigen Pflichten,
und von einer kleinbürgerlichen, katholisch geprägten Moral.
Doch manch einer fragt sich, wonach soll man sich denn heute noch richten -
alles scheint möglich, das ist unerträglich, verdammt noch mal!

Ich will, ich bin, ich habe …

Wenn sie mich nun fragen, wie kann man es denn nur erreichen,
dass man dieser störenden, seelenverzehr’nden Misere entgeht?
So rat’ ich, das „du“ und das „wir“ aus dem deutschen Wortschatz zu streichen.
Denn was ich nicht weiß, das macht mich nicht heiß und es tut auch nicht weh!

 

Karasek  Text: Dieter Zeretzke / Musik: Russische Folklore

In dem dunklen Wald der Literaten
lebte einst ein wilder Schreibersmann.
Und er war der Schrecken der Autoren,
er hatte vielen Böses schon getan.

Ja der Helmut, eifrig und beflissen
stürzt er sich auf mancherlei Roman.
Viele hat er gnadenlos verrissen,
ließ kein einziges gutes Wort daran.

Doch der König aus dem Reich Ranitzky
sprach: „Mein Freund, so geht das aber nicht!
In dem großen Land der Rezensionen
hat mein Wort entscheidendes Gewicht!

Ob ein Buch nun Kunst oder trivial ist,
das, mein Freund, entscheide ich allein!
doch du bist ja ein wack‘rer kleiner Schreiber,
sollst ab jetzt mein braver Knappe sein.“

Mit der "Zeit" machte die hehre Siegrid
sich bezahlt ums deutsche Feuilleton.
Und sie forderte auch im Reich Ranitzky
den Tribut und wohlverdienten Lohn.

„Meine Herrn“, sprach sie, „seit vielen „Zeiten“
löffle ich im Literatenbrei.
Und beim allmonatlichen großen Fressen
der Autoren wär ich gern dabei!“

Doch die Ehe, sie brach auseinander,
fast so wie’s im wahren Leben geht.
Ach die drei, nein sie wurden sich nicht einig
über Kunst und Sexualiät.

Siegrid Löffler ist schon fast vergessen,
Reich-Ranitzky talkt mit sich allein.
Wenn er abdankt, es dauert nicht mehr lange,
dann wird Helmut neuer König sein!